Die zunehmende Urbanisierung führt unter anderem zu überlasteten Straßen sowie verschmutzter Luft und stellt die Mobilität von heute vor neue Herausforderungen.
Prognostiziert wird, dass im Jahr 2050 mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben [BMZ, 2014]. Fraglich ist daher, wie Städte unter diesen Voraussetzungen lebenswerter und nachhaltiger gestaltet werden können. Hinsichtlich der nachhaltigen Mobilitätsentwicklung in Berlin ist der Neubau von 17 Straßenbahnstrecken eines der Koalitionsziele der Legislaturperiode 2016-2021 [Koalition, 2016]. Dadurch sollen die Reduzierung der Umweltbelastung, die Umverteilung des Straßenraums und die bessere Anbindung von Entwicklungsstandorten ermöglicht werden.
Sollte das Straßenbahnnetz entsprechend ausgebaut werden, wären bis zu zwanzig der bestehenden Brücken betroffen. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die größte Nahverkehrsgesellschaft Deutschlands, ist bereits der Straßenbaulastträger von zwölf Brückenbauwerken. Die bestehenden Fahrbahnkonstruktionen sind einer starken Verkehrsbelastung, den Temperaturauswirkungen und zusätzlichen Spannungen aus der Interaktion Gleis/Brücke ausgesetzt. Diese Faktoren wurden bisher bei der Bemessung der Gleiskonstruktion kaum berücksichtigt, können aber die Ursache vorhandener Schadensbilder verdeutlichen. Intendiert wird die möglichst hohe Verfügbarkeit von bestehenden Strecken, indem u. a. der Instandhaltungsaufwand minimiert wird. Aufgrund starker Verkehrsbelastung und schmalen Straßenquerschnitten auf Brücken kommt in der Regel ein straßenbündiger Bahnkörper zum Einsatz. Die Höhe des Brückenüberbaus lässt oft nur Oberbauarten mit einer niedrigeren Konstruktion zu. Weiterhin entstehen bei einer Längskraftabtragung von Lasten aus Temperatur und Verkehr aufgrund der Interaktion Gleis/Brücke zusätzliche Spannungen. Zur Berücksichtigung der zulässigen zusätzlichen Spannungen aus der Interaktion Gleis/Brücke existiert derzeit keine Bemessungsgrundlage nach der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab).
Die wirtschaftlichere und beschleunigte Umsetzung von Neubaustrecken auf bestehenden Brücken erfordert, aufgrund sämtlicher städtischer Herausforderungen, eine technologische sowie technische Lösung. Dies macht zum einen die Entwicklung einer Niedrig-Fahrbahnkonstruktion für die Straßenbahn auf Brücken notwendig. Zum anderen sollen vorhandene Berechnungsverfahren für die Straßenbahnen erweitert und durch wissenschaftliche Erkenntnisse präzisiert werden. Das Ziel ist, die Fachexpertise generischer zu gestalten. Anhand einer Fallstudie zur Oberbaumbrücke sowie unter Berücksichtigung der Fallbeispiele Rhinstraßenbrücke als auch Warschauer Brücke in Berlin soll die Interaktion zwischen dem Gleisoberbau der Straßenbahn und dem Brückenbauwerk untersucht und eine Niedrig-Fahrbahnkonstruktion für Brücken entwickelt werden.